Es ist nie schön, wenn jemand, dem man nahe steht, weint. Schließlich bedeutet das, dass diese Person traurig ist. Und bei Borderlinern ist es ja auch noch so, dass sie ihre Emotionen — egal ob Trauer oder Glück — doppelt so intensiv empfinden.
Wenn der Borderliner weint, möchtest du natürlich den Grund dafür wissen, um ihn beruhigen zu können und möglichst zu vermeiden, dass er in der Zukunft aus demselben Grund weinen muss.
Und gleichzeitig hilft dir das Wissen über die Gründe auch dabei, den Borderliner Typ und die Symptome von Borderline besser zu verstehen. Denn ja: Für Menschen, welche nicht unter der Borderline Störung leiden, ist es häufig schwer nachzuvollziehen, wieso Borderliner manchmal so überreagieren.
Darum werde ich in diesem Beitrag den Ursachen, die am wahrscheinlichsten die Tränen vom Borderliner ausgelöst haben, auf den Grund gehen.
Was ist die Ursache, wenn der Borderliner weint?
Die meisten Borderliner neigen dazu, immer wieder und in den unterschiedlichsten Situationen in Tränen auszubrechen. Da ist es nicht immer leicht den Grund hinter den Tränen zu erkennen.
Möchtest du dem Borderliner aber ein idealer Partner oder guter Freund sein, dann ist es allerdings von großer Wichtigkeit, dass du ihn besser verstehst.
Wenn der Borderliner weint, liegt dem meist eine oder mehrere der folgenden 11 Ursachen zugrunde:
1. Er kann seine Bedürfnisse nicht zum Ausdruck bringen
Manche Borderliner verzweifeln daran, auszudrücken, was sie wirklich wollen und brauchen. Ihnen ist es einfach nicht möglich, ihre Bedürfnisse klar mit ihrem Umfeld zu kommunizieren.
Und der Frust über diese Unfähigkeit äußert sich dann häufig durch starkes Weinen.
2. Er fühlt sich von seinem Alltag überfordert
Für viele Borderline Betroffene ist es eine extreme Herausforderung, den Alltag zu bewältigen. Schließlich nehmen sie all ihre Emotionen um ein Vielfaches verstärkt wahr und fühlen sich darum häufig schon von Kleinigkeiten überfordert.
Je nachdem, wie extrem diese Überforderung wird und wie stark der Borderliner darunter leidet, könnte er professionelle Hilfe gebrauchen.
3. Die ständigen Missverständnisse frustrieren ihn
Häufig kommt es zwischen dem Borderliner und seinem Umfeld zu Missverständnissen. Ursache dafür ist neben seinen extremen Stimmungsschwankungen auch das Problem, dass er oft nicht richtig ausdrücken kann, was er fühlt und möchte.
Diese Missverständnisse und Streits, die häufig daraus resultieren, frustrieren ihn und verursachen die Tränen.
Denn für den Borderliner ist es sehr schwer, langfristig Partnerschaften und Freundschaften am Laufen zu halten. So neigen sie zum einen zu extremer Idealisierung, dann wieder aber zu starker Abwehrhaltung. Gleichzeitig sind Borderliner sehr leicht reizbar.
Nur wenige Beziehungen halten dem lange Zeit stand.
4. Er leidet unter seinen Stimmungsschwankungen
Glaub mir, Stimmungsschwankungen sind nicht ohne, vor allem dann nicht, wenn alle Empfindungen so intensiv wahrgenommen werden wie vom Borderliner.
Und wechselt seine Stimmung in sekundenschnelle von himmelhoch jauchzend zu am Boden zerstört, dann kann ihn das schon mal überfordern. Und auch dies kann sich in einem plötzlich Tränenausbruch äußern.
5. Er kommt mit dem permanenten Gefühl der inneren Leere nicht klar
Das würde wohl fast einen jeden zum Weinen bringen: Sich in seinem Inneren permanent leer zu fühlen. Borderliner können dieses Gefühl nur sehr schwer ertragen.
Bei der inneren Leere kann es sich gar um ein chronisches Gefühl handeln, was bedeutet dass viele Borderliner sich durchgehend leer in ihrem Inneren fühlen. Das ist wahrlich ein beängstigendes Gefühl.
Nicht selten versuchen Betroffene dies mit Drogenmissbrauch oder selbstverletzendem Verhalten, wozu auch das wahllose Wechseln von Sexualpartnern ohne Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten gehört, zu kompensieren.
Und dieses permanente Gefühl der inneren Leere kann sich eben auch durch häufiges Weinen äußern.
6. Er kann seine Emotionsausbrüche nicht kontrollieren
Menschen mit Borderline können die eigenen Gefühle nur sehr schwer regulieren und erleben sie um ein Vielfaches verstärkt im Vergleich zu gesunden Menschen.
Bereits eine Kleinigkeit, an die andere Menschen nicht mal einen Gedanken verschwenden, kann beim Borderline schon extrem negative Gedanken, Traurigkeit, Wut, Scham, Angst, Schuldgefühle oder gar Selbsthass auslösen.
Das kommt aber nicht nur von Zeit zu Zeit vor, sondern mehrmals täglich — mit immer wechselnden starken Gefühlen. Das bedeutet, dass sich häufig verschiedene intensive Gefühle überlagern und extrem verwirrende Gefühle beim Borderliner hervorrufen.
In diesem Zustand von diffuser Anspannung ist es dem Borderliner nicht mehr möglich, seinen seltsamen Zustand einem bestimmten Gefühl zuzuschreiben. Er fühlt sich wahnsinnig aufgewühlt und möchte diesen Zustand so schnell wie möglich beenden, doch es ist ihnen nicht möglich, ihre innere Anspannung wie gewünscht zu regulieren.
Die Verzweiflung, die der innerlich zerrissene Borderliner dabei empfindet, kann durchaus Tränen hervorrufen. Denn diese extreme emotionale Instabilität belastet ihn selbst und seine zwischenmenschlichen Beziehungen stark.
Besonders herausfordernd kann eine Beziehung zwischen Borderliner und Narzissten werden, weil beide zu Extremen neigen. Ein grauer Mittelpunkt existiert für keinen der beiden.
7. Er fühlt sich missverstanden
Ein weiteres Phänomen, das sehr häufig bei Borderlinern auftritt ist, dass sie sich von ihrem Umfeld missverstanden fühlen. Was ja auch nicht von der Hand zu weisen ist, da es schlichtweg sehr schwer ist, die teils in sekundenschnelle wechselnden Emotionen des Borderliners zu verstehen.
Da ein Borderliner sich aber nichts sehnlicher wünscht, als von seinen Bezugspersonen verstanden und so akzeptiert zu werden, wie er ist, kann dieses Gefühl des Missverstandenwerdens Tränen verursachen.
8. Er leidet unter starken Selbstzweifeln
Viele Borderliner haben mit starken Selbstzweifeln zu kämpfen. Das führt häufig dazu, dass sie das Gefühl haben, nicht gut genug für ihren Partner, ihre Arbeit oder in irgendeinem anderen Bereich zu sein.
Sie fühlen sich anders als ihre Mitmenschen, und haben darum das Gefühl, nicht richtig dazuzugehören. Darum gehen viele von ihnen regelrecht mit der Erwartung, sowieso irgendwann ausgegrenzt zu werden, zwischenmenschliche Beziehungen ein.
Doch gerade vor dieser Ausgrenzung haben sie so große Angst und überdramatisieren häufig eigentlich harmlose Situationen. Das führt oft zu Verstimmungen und in der Folge dann wirklich zu Zurückweisung.
All dies und die starken Selbstzweifel können dazu führen, dass sie in Tränen ausbrechen. Schließlich wollen sie doch nur gut genug für die Menschen und die Dinge, die sie lieben, sein. Um sie nicht zu verlieren.
9. Er will so sein wie die anderen
Borderliner sind anders, und das ist ihnen auch durchaus bewusst. Doch sie nehmen ihre Andersartigkeit aufgrund ihrer gestörten Selbstwahrnehmung noch viel stärker wahr, als sie eigentlich ist.
Wenn der Borderliner weint, kann das also Ausdruck seiner Verzweiflung, so sein zu wollen wie seine Mitmenschen, sein.
10. Er möchte Aufmerksamkeit
Der Borderliner hat große Angst vor der Liebe und vor dem Verlassenwerden und möchte permanent Aufmerksamkeit und Bestätigung von seinem Partner wie auch von seinen anderen Bezugspersonen bekommen.
Bleiben diese aus, dann kommt es nicht selten zu heftigen Wutausbrüchen gepaart mit Tränen.
Dieses impulsive Verhalten dient zum einen dazu, endlich doch die Aufmerksamkeit, die er sich so sehnlich wünscht, zu bekommen, ist auf der anderen Seite aber auch Ausdruck dafür, dass er sich einfach nicht anders zu helfen weiß, seine Emotionen zum Ausdruck zu bringen.
11. Er wurde verlassen
Zugegeben, dieser Grund verursacht in den meisten Fällen auch bei denjenigen, die nicht unter einer psychischen Erkrankung leiden, zu Tränen: Eine Trennung.
Dennoch ist Vorsicht geboten. Denn weil Menschen, die am Borderline Syndrom leiden, ihre positiven wie auch negativen Emotionen um ein Vielfaches intensiver wahrnehmen, kann die Traurigkeit nach einer Trennung extrem sein.
Denk doch mal an die letzte Trennung, die du durchleben musstest: Es ist alles andere als leicht, Liebeskummer zu überwinden und wieder fröhlich ins Leben zu blicken.
Und nun stell dir mal den Kummer, den du durchmachen musstest, ein hundertfaches verstärkt vor. Jetzt weißt du in etwa, wie es dem Borderliner geht, wenn er verlassen wurde.
Schließlich kommt der Borderliner überhaupt nicht mit dem Gedanken, verlassen zu werden, klar, und möchte eine Trennung um jeden Preis verhindern. Denn allein dazustehen ist für ihn etwas Schreckliches. Und mit dieser Trennung ist nun seine größte Angst wahr geworden.
Es ist darum nicht unwahrscheinlich, dass er nach einer Trennung in ein tiefes Loch fällt. Es kann sogar sein, dass er von der Trennung ein seelisches Trauma davonträgt. Auch in diesem Fall ist unbedingt angeraten, dass er sich professionelle Hilfe sucht.
Warum sind Borderliner so empfindlich?
Diese Frage hat sich vermutlich fast ein jeder, der etwas mit einem Borderliner zu tun hat, schon mal gestellt. Und ja, für Außenstehende wirken Borderliner auch wirklich wahnsinnig und übertrieben empfindlich.
Menschen, welche unter der Borderline Persönlichkeitsstörung leiden, erleben einen jeden Tag ihres Lebens eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Weil es darum auch vorkommen kann, dass sie ohne offensichtlichen Grund zum Weinen anfangen, werden sie häufig von ihrem Umfeld als sehr sensibel wahrgenommen.
Da ist auch etwas Wahres dran. Borderlinern ist es einfach nicht möglich, ihre Gefühle zu kontrollieren, und sie nehmen sie zugleich viel stärker war als andere Menschen.
Bereits alltägliche Dinge, an die wir nicht mehr als einen kurzen Gedanken verschwenden, können den Borderliner extrem überfordern. Das Leben ist für den Borderliner einfach eine viel größere Herausforderung als für andere Menschen.
Drücken alle Borderliner ihre Emotionen durch Weinen aus?
Nein, es gibt verschiedene Arten von Borderlinern, und nicht bei allen äußert sich ihre psychische Störung durch häufiges unkontrolliertes Weinen:
Gemeinhin unterscheidet man den weinenden von dem nicht-weinenden Borderline Patienten.
Der nicht-weinende BPS-Patient
Auch der nicht-weinende Borderliner leidet unter starker innerer Anspannung und Unruhe, nur bringt er diese anders zum Ausdruck: Durch seine Impulsivität.
Wenn der weinende Borderliner Typ zu weinen beginnt, dann hat der nicht-weinende Borderliner hingegen Wutausbrüche und Aggressionen.
Natürlich kommt diese Impulsivität auch beim weinenden Borderliner vor, aber nicht so ausgeprägt.
Doch warum gibt es nun Borderliner die weinen, und Borderliner die nicht weinen?
Dafür gibt es zahlreiche Gründe:
• Die Kultur. Während es bei uns ganz normal ist, seine Emotionen ganz offen in der Öffentlichkeit zu zeigen, ist dies in vielen anderen Ländern und Kulturen komplett tabu.
• Das Geschlecht. Männern wird von klein auf beigebracht, dass das Weinen den Frauen vorbehalten ist. Das prägt sich bei vielen so sehr ein, dass sie einfach nicht weinen können, und ihre starken Emotionen stattdessen auf einem anderen Weg zum Ausdruck bringen.
• Das Alter. Bei vielen Menschen ändert sich ihr Weinverhalten auch je nachdem, welches Alter sie haben. Jüngere Personen neigen häufiger zum Weinen als ältere.
Was kann die Borderline Erkrankung auslösen?
Neben der Veranlagung dazu führen vor allem traumatische Erfahrungen dazu, dass die Borderline Erkrankung bei einer Person auftritt. Zu diesen traumatischen Erfahrungen gehört zum Beispiel sexueller Missbrauch. Auch körperlicher oder emotionaler Missbrauch in der Kindheit löst häufig die Erkrankung aus.
In vielen Fällen tritt die emotional instabile Persönlichkeitsstörung allerdings erst Jahre nach dem traumatischen Erlebnis auf.
Neben Borderline kann sich aber auch eine posttraumatische Belastungsstörung daraus entwickeln.
Bei vielen Betroffenen äußert sich die schlimme Erfahrung auch nicht “nur” durch eine Erkrankung, sondern es kommt zu Begleiterkrankungen. Dazu gehören zum Beispiel Essstörungen, Schlafstörungen und Depressionen.
Wie kann ich dem Borderliner helfen?
Da du dir diesen Beitrag durchliest, gehe ich davon aus, dass du einem Borderliner dabei helfen möchtest, sein Leben besser zu bewältigen und glücklicher zu sein.
Um das zu schaffen, solltest du dich intensiv mit der Persönlichkeitsstörung auseinandersetzen, damit du den Borderliner besser verstehen kannst. Dadurch wirst du ihn auch besser unterstützen und ihm dabei helfen können, seinen Alltag zu meistern — und das mit so wenig Tränen wie möglich.
Doch viel mehr kannst du leider nicht aus eigener Kraft tun. Nur noch eines: Werde nicht müde darin, ihn dazu zu ermutigen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Vielleicht ist die psychische Erkrankung bisher nur eine Vermutung, und er hat noch gar nicht offiziell die Diagnose Borderline gestellt bekommen. In dem Fall kann es ihm weiterhelfen, endlich einen Namen für sein Gefühlschaos und seine extremen Stimmungsschwankungen zu haben. Und zudem die Gewissheit zu haben, dass er damit nicht alleine ist.
Gleichzeitig sollte ihm aber natürlich auch dabei geholfen werden, besser mit seinen negativen Gefühlen umgehen zu können. Insbesondere dann, wenn sie mit selbstverletzendem Verhalten oder gar Suizidgedanken bis hin zu Suizidversuchen einhergehen.
Bei vielen Borderlinern ist die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT), bei welcher sie lernen, ihre Gefühle besser kontrollieren zu können, erfolgsversprechend. Alternativ kann auch die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) weiterhelfen. Letztere hilft den Borderlinern nicht nur, sich selbst besser zu verstehen, sondern auch einen besseren Umgang mit anderen Menschen zu haben.
Fazit
Wenn der Borderliner weint, können dem zahlreiche Ursachen zugrunde liegen. Vielleicht überfordern ihn seine ständigen
Stimmungsschwankungen und seine innere Leere, oder er fühlt sich ausgegrenzt. Es kann aber auch sein, dass er Aufmerksamkeit möchte oder gerade eine Trennung durchleben musste.
Gerade weil Borderliner zu selbstverletzendem Verhalten neigen, ist es so wichtig, dass seine Bezugspersonen versuchen, ihn, sein Verhalten und seine Emotionen zu verstehen. Und eben auch den Grund für sein Weinen richtig zu deuten.
Denn im Extremfall ist es so gut möglich, dass du einem Suizidversuch zuvorkommen und professionelle Hilfe für ihn suchen kannst.
So sollte eines nie vergessen werden — egal wie nervenaufreibend das Leben sein kann, wenn man mit einem Borderliner zu tun hat: Es handelt sich dabei um eine psychische Krankheit, und der Borderliner benötigt dringend Hilfe.
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